Gellerup im
dänischen Aarhus ist so etwas wie das skandinavische Molenbeek. Über
30 junge Muslime sind allein von hier nach Syrien und in den
Irak aufgebrochen, um „Ungläubige“ zu schlachten. Mit wenigen
Ausnahmen gingen sie die Monate zuvor ein und aus in die
Grimhøj-Moschee von Gellerup, ein quasi institutionalisierter
Sub-Souverän in der ghettoisierten Hälfte des Aarhuser Distriktes
Brabrand. In der Grimhøj-Moschee wird etwa die Steinigung bei
Ehebruch propagiert. Drastische Strafen bewahre die Familie, die
Elementarform des Staates, vor dem Zerfall, also vor dem drohenden
Staatsbankrott. Müttern wird hier anempfohlen, ihre Kinder
körperlich zu züchtigen, wenn sie nicht beten.
Die
Grimhøj-Moschee und ihr charismatischer Führer Oussama El-Saadi
sind heute zentraler Partner der dänischen Integrationspolitik. Da
die jungen Ausreisenden durch die Predigten der Imame dieser Moschee
gingen, so denkt es in der dänischen Ordnungspolitik, müsse man
diese auch zur Institution einer erfolgversprechenden
Präventionsstrategie machen und Oussama El-Saadi zur Schlüsselfigur.
Der bärtige Agitator tut dabei nicht viel anderes als zuvor. Er ist
einer jener Berufsfunktionäre, der nach wie vor – nun mit
Absolution des dänischen Souveräns – die Saat der Unmündigkeit
und der Opfermythen sät, aus der sich auch der jahrelang florierende
Europa-Syrien-Express gespeist hat. Es sei die ehrenwerte und
höchstens naive Auflehnung gegenüber „Ungerechtigkeit und
Unterwerfung“, die junge Muslime zur Ausreise bewegt, so Oussama
El-Saadi auch heute noch, also dazu: die Frauen der „Teufelsanbeter“
zu Sklaven zu machen, Morde an Homosexuellen, „Abtrünnigen“ und
„Heuchlern“ als tägliche Reinigung des Staatskörpers zu
begehen. In Wahrheit ist der Opfermythos nur die zwanghafte
Einschachtelung der aggressiven Selbsterhöhung der Gläubigen, die
weniger eine von Frömmigkeit ist als eine der Rotte, die Einheit vor
allem negativ realisiert: im Neid auf jene, die die aufgezwungenen
wie selbst gewählten Entbehrungen nicht teilen; im Hass auf jene,
die noch irgendwie an die Möglichkeit von individuellem Glück
erinnern; in der vernichtenden Rache an jenen, denen die Liebe zum
Leben noch nicht genommen ist. Dass Aarhuser Präventionsmodell rühmt
sich übrigens für seine Erfolge,
die Auswanderungen nach Syrien nähmen ab – als läge es nicht
daran, dass das Kalifat de-Facto nicht mehr existiert. Schwäche
schreckt auch die Militantesten ab.
Es mag die
kostengünstigere Elendsverwaltung zu sein, islamistischen Agitatoren
wie den Imamen der Aarhuser Grimhøj-Moschee halbe Kommunen zu
überlassen, damit diese eine halbseidene Garantie aussprechen, dass
die tägliche Gewalt im „Ursprungsmilieu“ sich nicht nach außen
wendet, also nicht auch blonde Dänen aus ihrer Idylle reißen
könnte. Die Leidtragenden sind auch in Gellerup alle, die mit dem
kulturalistisch verewigten „Ursprungsmilieu“ aus Imam und
familiärer Despotie allein gelassen werden.
Joanna
Palani dagegen bestrafte ein dänisches Gericht jüngst mit neun
Monaten Freiheitsentzug dafür, dass sie im November 2014 nach Syrien
und später in den Irak ausgereist war. Sie war keine Schülerin von
Oussama El-Saadi, dem islamistischen Paten von Gellerup. Sie kämpfte
in Kobane und anderswo gegen das Kalifat. Joanna Palani ist
die Tochter kurdischer Geflüchteter, das als junges Mädchen aus dem
Irak nach København kam. Sie ließ nie einen Zweifel daran, dass
ihre Ausreise nicht der militanten Volkstumspflege als Exil-Kurdin
diente – als welche häufiger die bewusste Entscheidung zu kämpfen
denunziert wird –, viel mehr der Freiheit der Frauen und der
Verteidigung des Lebens. Ihre Frontfotografien auf Instagram
kommentierte sie lieber mit Zitaten von Marilyn Monroe als mit
schmalzigen Liebesgrüßen an Blut und Boden: „If I ever let my
head down, it will be just to admire my shoes.“
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