Samstag, 30. Dezember 2017

Aufruf zur Solidarität mit den Revoltierenden im Iran


Im Iran ist die im Jahr 1979 totalitär aufgezwungene Islamisierung darin gescheitert, aus den Iranern eine einzige „Partei Allahs“ zu machen, die Hezbollah, wie sie Ayatollah Khomeini noch inständig als heiligsten Staatszweck beschwor. Von jeder europäischen Delegation zum Zwecke des „kritischen Dialoges“, inklusive zuvorkommender Haarbedeckung der weiblichen Mitreisenden, bekommen die iranischen Kleriker mehr Hochachtung entgegengebracht als von der iranischen Jugend. In diesen Minuten rufen Protestierende in Qom, der heiligen Kapitale des Klerus und der einstigen Kanzel von Ayatollah Khomeini, Slogans, die unmissverständlich sind: „Wir wollen keine Islamische Republik“ und „Tod der Islamischen Republik“, „Nieder mit Rouhani“ und „Nieder mit dem Obersten Führer“ (Ali Khamenei, dem auch der Slogan „Tod dem Diktator“ gewidmet ist), „Tod der Hezbollah“ und „Die Kleriker (Akhund) müssen gehen“. Unter diesen und ähnlichen Rufen protestieren sie auch im kurdischen Kermanshah, im nordöstlichen Mashhad, in Isfahan, Shiraz und selbst noch im östlichen Zahedan.

Die deutsche Begründung, man stärke mit dem gepflegten „kritischen Dialog“ die Reformer gegenüber den Fundamentalisten, ist fraglos das Alibi der Komplizen. Aus der Zunahme des Auftragsvolumens für die deutsche oder französische Industrie folgt nicht eine Abnahme der Hinrichtungen – allerhöchstens, wie unter Mohammed Khatami, ein Moratorium über ihre bestialischste Variante, die Steinigung. Noch ignoranter ist es, diese Kumpanei damit zu legitimieren, dass Millionen von regimekritisch gesinnten Iranern den Kleriker Hassan Rouhani zum Staatspräsidenten gemacht hätten. Der als den „Reformern“ freundlich gesinnt geltende Rouhani ist nur das zartere Antlitz ein und desselben Bestie, die mild lächelnde Charaktermaske der iranisch-europäischen Kollaboration, die im beidseitigen Kalkül liegt. Und anders als noch im Jahr 2009 sind die „Reformer“ bei den gegenwärtigen Protesten im Iran nicht nur außen vor, die Slogans richten sich konkret auch gegen sie: in der Person von Hassan Rouhani.

Die mächtigsten Institutionen der Islamischen Republik, diese Apparatur zur systematischen Erniedrigung und Verächtlichmachung des Menschen, sind viel mehr zum Verzicht gezwungen, das repräsentative Amt des Staatspräsidenten direkt an eine der blutrünstigsten Figuren der Islamischen Republik zu übergeben. (Der Gegenkandidat zu Rouhani, Ebrahim Raisi, war im Jahr 1988 einer der vier Exekutoren jener Todeskommission, die den Mordbefehl von Ayatollah Khomeini – „Mitleid mit den Feinden des Islam ist Naivität. Zögern heißt das reine, unbefleckte Blut der Märtyrer zu ignorieren“ – gnadenlos an mehr als 4.000 inhaftierten Oppositionellen in Evin und Gohardasht ausführten.) Was den Fürsprechern des „kritischen Dialoges“ ein Moment demokratischer Teilhabe ist, haben scharfsinnige iranische Oppositionelle als Erpressung längst entlarvt, als taktisches Manöver von Ali Khamenei. Der als Reformer-nah geltende Rouhani war das Kalkül von Ali Khamenei, die Stabilität zu wahren und die von der Islamischen Republik entfremdete Jugend zu besänftigen. Seit der niedergedrückten Erhebung im Jahr 2009 und dem späteren Mandatsende von Mahmud Ahmadinejad galt der Umstand, dass die konservativen Prinzipalisten ihre Kandidaten unmöglich in das Amt des Staatspräsidenten hieven konnten, ohne die brüchige Stabilität zu riskieren; als auch das Verhängnis, dass jeder Protest im Schatten der Ausbalancierung der Rivalitäten zwischen den Staatsrackets verdammt ist zu scheitern. Die europäische Kollaborationspolitik macht aus diesem Dilemma den legitimatorischen Kitt ihres Appeasement. Der Slogan, der in diesen Minuten in Teheran zu hören ist: „Reformisten, Konservative, eure Zeit ist vorbei“, lässt keinen Zweifel daran, dass die Protestierenden dieser Tage eines nicht im Sinn haben: die Ehrenrettung der Islamischen Republik.  

Der „Stabilitätsanker“ Iran (Hassan Rouhani) ist allerhöchstens noch einer, weil die deutsch-europäische Beschwichtigungspolitik ihn zu einem macht. Sie ließ es zu, dass der Iran die befriedeten Teile Syriens als ihre inoffizielle „35. Provinz“ (Mullah Mehdi Taeb) einverleiben und den Irak weitflächig infiltrieren konnte. Auffällig in den vergangenen Tagen war auch, dass die alten Männer der iranischen Revolutionswächter sich als Hüter eines muslimischen Jerusalems rühmen, im Iran selbst aber es einzig das ewig gleiche Brüllvieh ist, dass für den Expansionsauftrag der „Islamischen Revolution“ krakeelt. Die „Tage des Zorns“ gingen an den Iranern vorbei und blieben auf die khomeinistischen Satelliten in Beirut, unter Führung der Hezbollah, und dem jemenitischen Sanaa beschränkt. Die Protestierenden in diesen Tagen dagegen fordern einen militärischen Rückzug aus Syrien sowie ein Ende der Finanzierung der Hamas und Hezbollah. Sie sind revolutionäre Hochverräter an der khomeinistischen Despotie. Was das deutsche „Auswärtige Amt“ bislang rigoros ignoriert, ist eine antiklerikale Brotrevolte gegen das islamistische Verelendungsregime, gegen die Tyrannei der Mullahs und ihre militärischen Aggressionen. Lassen wir die Revoltierenden nicht allein!

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