Im Iran ist
die im Jahr 1979 totalitär aufgezwungene Islamisierung darin
gescheitert, aus den Iranern eine einzige „Partei Allahs“ zu
machen, die Hezbollah, wie sie Ayatollah Khomeini noch inständig als
heiligsten Staatszweck beschwor. Von jeder europäischen Delegation
zum Zwecke des „kritischen Dialoges“, inklusive zuvorkommender
Haarbedeckung der weiblichen Mitreisenden, bekommen die iranischen
Kleriker mehr Hochachtung entgegengebracht als von der iranischen
Jugend. In diesen Minuten rufen Protestierende in Qom, der heiligen
Kapitale des Klerus und der einstigen Kanzel von Ayatollah Khomeini,
Slogans, die unmissverständlich sind: „Wir wollen keine Islamische
Republik“ und „Tod der Islamischen Republik“, „Nieder mit
Rouhani“ und „Nieder mit dem Obersten Führer“ (Ali Khamenei,
dem auch der Slogan „Tod dem Diktator“ gewidmet ist), „Tod der
Hezbollah“ und „Die Kleriker (Akhund) müssen gehen“. Unter
diesen und ähnlichen Rufen protestieren sie auch im kurdischen
Kermanshah, im nordöstlichen Mashhad, in Isfahan, Shiraz und selbst
noch im östlichen Zahedan.
Die deutsche
Begründung, man stärke mit dem gepflegten „kritischen Dialog“
die Reformer gegenüber den Fundamentalisten, ist fraglos das Alibi
der Komplizen. Aus der Zunahme des Auftragsvolumens für die deutsche
oder französische Industrie folgt nicht eine Abnahme der
Hinrichtungen – allerhöchstens, wie unter Mohammed Khatami, ein
Moratorium über ihre bestialischste Variante, die Steinigung. Noch
ignoranter ist es, diese Kumpanei damit zu legitimieren, dass
Millionen von regimekritisch gesinnten Iranern den Kleriker Hassan
Rouhani zum Staatspräsidenten gemacht hätten. Der als den
„Reformern“ freundlich gesinnt geltende Rouhani ist nur das
zartere Antlitz ein und desselben Bestie, die mild lächelnde
Charaktermaske der iranisch-europäischen Kollaboration, die im
beidseitigen Kalkül liegt. Und anders als noch im Jahr 2009 sind die
„Reformer“ bei den gegenwärtigen Protesten im Iran nicht nur
außen vor, die Slogans richten sich konkret auch gegen sie: in der
Person von Hassan Rouhani.
Die
mächtigsten Institutionen der Islamischen Republik, diese Apparatur
zur systematischen Erniedrigung und Verächtlichmachung des Menschen,
sind viel mehr zum Verzicht gezwungen, das repräsentative Amt des
Staatspräsidenten direkt an eine der blutrünstigsten Figuren der
Islamischen Republik zu übergeben. (Der Gegenkandidat zu Rouhani,
Ebrahim Raisi, war im Jahr 1988 einer der vier Exekutoren jener
Todeskommission, die den Mordbefehl von Ayatollah Khomeini –
„Mitleid mit den Feinden des Islam ist Naivität. Zögern heißt
das reine, unbefleckte Blut der Märtyrer zu ignorieren“ –
gnadenlos an mehr als 4.000 inhaftierten Oppositionellen in Evin und
Gohardasht ausführten.) Was den Fürsprechern des „kritischen
Dialoges“ ein Moment demokratischer Teilhabe ist, haben
scharfsinnige iranische Oppositionelle als Erpressung längst
entlarvt, als taktisches Manöver von Ali Khamenei. Der als
Reformer-nah geltende Rouhani war das Kalkül von Ali Khamenei, die
Stabilität zu wahren und die von der Islamischen Republik
entfremdete Jugend zu besänftigen. Seit der niedergedrückten
Erhebung im Jahr 2009 und dem späteren Mandatsende von Mahmud
Ahmadinejad galt der Umstand, dass die konservativen Prinzipalisten
ihre Kandidaten unmöglich in das Amt des Staatspräsidenten hieven
konnten, ohne die brüchige Stabilität zu riskieren; als auch das
Verhängnis, dass jeder Protest im Schatten der Ausbalancierung der
Rivalitäten zwischen den Staatsrackets verdammt ist zu scheitern.
Die europäische Kollaborationspolitik macht aus diesem Dilemma den
legitimatorischen Kitt ihres Appeasement. Der Slogan, der in diesen
Minuten in Teheran zu hören ist: „Reformisten, Konservative, eure
Zeit ist vorbei“, lässt keinen Zweifel daran, dass die
Protestierenden dieser Tage eines nicht im Sinn haben: die
Ehrenrettung der Islamischen Republik.
Der
„Stabilitätsanker“ Iran (Hassan Rouhani) ist allerhöchstens
noch einer, weil die deutsch-europäische Beschwichtigungspolitik ihn
zu einem macht. Sie ließ es zu, dass der Iran die befriedeten Teile
Syriens als ihre inoffizielle „35. Provinz“ (Mullah Mehdi Taeb)
einverleiben und den Irak weitflächig infiltrieren konnte. Auffällig
in den vergangenen Tagen war auch, dass die alten Männer der
iranischen Revolutionswächter sich als Hüter eines muslimischen
Jerusalems rühmen, im Iran selbst aber es einzig das ewig gleiche
Brüllvieh ist, dass für den Expansionsauftrag der „Islamischen
Revolution“ krakeelt. Die „Tage des Zorns“ gingen an den
Iranern vorbei und blieben auf die khomeinistischen Satelliten in
Beirut, unter Führung der Hezbollah, und dem jemenitischen Sanaa
beschränkt. Die Protestierenden in diesen Tagen dagegen fordern
einen militärischen Rückzug aus Syrien sowie ein Ende der
Finanzierung der Hamas und Hezbollah. Sie sind revolutionäre
Hochverräter an der khomeinistischen Despotie. Was das deutsche
„Auswärtige Amt“ bislang rigoros ignoriert, ist eine
antiklerikale Brotrevolte gegen das islamistische Verelendungsregime,
gegen die Tyrannei der Mullahs und ihre militärischen Aggressionen.
Lassen wir die Revoltierenden nicht allein!
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