„As
the women of the YPJ (The Women's Protection Units in Syria), we aim
not only liberation from ISIS but also a liberation of mentality and
thoughts.“
(Nesrin
Abdullah, Kommandeurin der YPJ)
„We,
as Kurdish YPJ female fighters, insist to liberate Raqqa. There are
many women, mostly Yezidis, held captive by ISIS terrorists inside
Raqqa. These women have suffered the most at the hands of ISIS
terrorists over the last few years,” she stressed. “Thus the main
goal from our participation in this operation is to free these women
and protect their rights.”
(Cihan Ehmed,
offizielle Sprecherin der Militäroperation „Zorn des Euphrats“
zur Befreiung von Raqqa, in diesem Sinne: Good luck!“)
Für den
Kommandeur der iranischen Revolutionsgardisten, Mohammad Ali Jafari,
ist Aleppo nicht weniger als eine Frontlinie der permanenten
„Islamischen Revolution“, die im Jahr 1979 im Iran begann. Die
iranische Despotie aus Klerus und Kaserne lässt nicht den Hauch
eines Zweifels aufkommen, dass in Aleppo nicht die Restauration eines
säkularen Regimes ansteht. Auf der Höhe des Libanons, zwischen
Damaskus und Homs, forcieren der Iran und die Hezbollah die
konfessionelle Einverleibung Syriens in den schiitischen Halbmond
seit längerem. Die Allianz mit dem syrischen Regime der Hizb
al-Ba‘ath ist dem klerikalfaschistischen Iran und seinem
libanesischen Satelliten dabei einzig strategisches Kalkül.
Inzwischen drohen die Pasdaran siegestrunken an, auch im Jemen und
Bahrain eine Entscheidung in der konfessionalisierten Rivalität mit
Saudi-Arabien zu erzwingen.
Und
auch der christlich-orthodoxe Teil der Militärachse für Bashar
al-Assad tritt schwerlich als Hüter von Säkularität auf. Vladimir
Putin, auch wenn er kein Interesse an der Konfessionalisierung
Syriens haben wird, erweitert die Territorien kaukasischer Gangfehden
und Sezessionsschlachten um Syrien. Der türkische
Investigativjournalist und langjährige Beobachter der kaukasischen
Ganglands, Fehim Taştekin, reiste kürzlich
nach Aleppo und traf auf eine russische Militärpolizei, die sich vor
allem aus Tschetschenen rekrutiert. Sie alle schwören ihren Treueid
auf Ramzan Kadryov, Präsident von Gnaden Vladimir Putins in der
Kaukasusrepublik. Kadryov war es, der nach dem Massaker an den
Karikaturisten von „Charlie Hebdo“ zu einem Großaufmarsch in
Grosny gegen den „militanten Atheismus“ aufrief. Er selbst würde
sterben, um den Propheten zu rächen. Fehim Taştekin erinnert daran,
dass viele der heute zu Moskau loyal stehenden Tschetschenen lange
unter dem Befehl von Shamil Basayev, dem Blutsäufer von Beslan,
standen - in Abchasien (1992-93) noch im russischen Interesse. Akhmad
Kadyrov, Ramzans Vater, selbst würdigte als Mufti von Grosny die
Militanten um Basayev als Männer auf dem Pfade des Jihads. In der
Rivalität unter Warlords überschlug sich Akhmad Kadyrov im Jahr
1996 mit Basayev und schwor wenige Jahre später Moskau die Treue.
Während sein Sohn Ramzan Moskau treu blieb, begründeten die
militanten Salafisten um Basayev nach dessen Tod das „Kaukasus
Emirat“, hunderte von ihnen reisten später nach Syrien aus, vor
allem zur syrischen al-Qaida oder dem IS. Wie in der östlichen
Ukraine stehen also in Syrien tschetschenische Berufsmilitante auf
beiden Seiten der Fronten. In der Türkei werden Basayev, der Emir
des „Kaukasus Emirats“ Dokka Umarov und Ibn al-Chattab, ein
saudischer Reisender tscherkessischer Abstammung und Weggefährte
Osamas wie Basayevs, unverhohlen als Märtyrer gerühmt. Etwa von der
honorigen İHH,
einer islamistischen Caritas im Staatsauftrag und key player in der
türkischen Betreuungsindustrie von Geflüchteten.
Zwischenresultat
der Wiedereroberung von Aleppo ist eine weitere Schwächung
Saudi-Arabiens. Der „Islamische Staat“ dagegen steht davor, nach
Palmyra auch Deir ez-Zor wieder einzunehmen. Als Behüterin der ahl
as-sunna, des „Volkes der Tradition“, geriert sich inzwischen die
Türkei. In Ankara richtet am 19. Dezember der junge Polizist Mevlüt
Mert A. den russischen Gesandten mit pathetischer Haltung hin:
„Allahu Ekber“ und Rache für Aleppo. Die Tage zuvor hatten
rivalisierende Muslimbrüder in der Türkei sowie in der türkischen
Diaspora noch gegen die Einnahme von Aleppo durch die konfessionellen
Feinde protestiert. Die Empörung über Iraner und Russen eskalierte
nicht in einer wirklichen Konfrontation mit ihnen, viel mehr diente
sie der staatstragenden Inszenierung als sunnitisches Opferkollektiv
und täuschte darüber hinweg, dass es doch die Türkei selbst war,
die das östliche Aleppo fallen ließ. Wenige Stunden nach dem Mord
an den russischen Gesandten traf sich Erdoğans Minister für
Äußeres, Mevlüt Çavuşoğlu, mit den russischen und iranischen
Amtsträgern Sergej Lawrow und Mohammad Javad Zarif in Moskau. Als
wäre Aleppo einzig geschlachtet geworden, um die Machtlosigkeit der
US-Amerikaner und Europäer in Syrien vorzuführen*, einigten sie
sich in Kürze auf einschneidende Frontverschiebungen. Den
sunnitischen Militanten war noch zuvor der Abzug aus Aleppo in die
Grenzregion Idlib aufgezwungen worden. Es ist türkisches Kalkül,
dass mit dem Abtritt nach Idlib auch die Militanten aus Aleppo
gedrängt sind, türkischen Interessen zu dienen. Die panturkistische
Liwa Sultan Murad, die mit den syrischen Muslimbrüdern affiliierte
Faylaq al-Sham sowie loyale Fraktionen innerhalb der Ahrar al-Sham
haben Monate zuvor Aleppo hinter sich gelassen und sich für die
Stoßrichtung der türkischen Militärkampagne Fırat Kalkanı
entschieden, also Beschwichtigung gegenüber Bashar al-Assad und
Fokussierung auf den Jihad gegen abtrünnige Kurden und den
feindseligen „Islamischen Staat“. Die syrischen Taliban der Ahrar
al-Sham twittern inzwischen von der Front bei al-Bab, ein Kleinstädtchen, das zentral ist,
um einen Keil zwischen den Territorien eines säkular-föderalen
Nordsyriens zu schlagen. Hier nähert sich der body count unter
Unschuldigen dem in Aleppo an.
Die Einnahme
des östlichen Aleppos durch die Loyalisten Bashar al-Assads war
weniger die zwingende Konsequenz militärischer Überlegenheit als
die der drückenden Abhängigkeit der sunnitischen Militanten von der
Türkei. Sie mögen darauf vertraut haben, dass der türkische
Militäreinmarsch auch einen Korridor ins das östliche Aleppo
schlagen werde, de Facto aber drängte Recep Tayyip Erdoğan, der
mächtigste sunnitische Warlord in Syrien, die Militanten in Aleppo
die städtische Front auszudünnen und in die nördlich gelegene
ländliche Periphere abzusickern, wo die türkische Militärkampagne
Fırat Kalkanı einzig noch die Verhinderung der territorialen
Integrität eines säkularen und föderalen Nordsyriens verfolgt,
nicht aber mehr eine direkte Konfrontation mit Bashar al-Assad. Der
„Emir von Halab“ kritisierte jüngst diesen türkischen Verrat an
der sunnitischen Guerilla in Aleppo.
In
Idlib und im nördlichen Latakia, entlang der türkisch-syrischen
Grenze, ist unter den sunnitischen Militanten der Geist
großtürkischer Erweckung allgegenwärtig. Grüne Wölfe von der
faschistischen „Partei der Großen Einheit“ und Militante der
„Muslimisch Anatolischen Jugend“, der Nachfolgeorganisation der
„Front der Vorkämpfer für den Islamischen Großen Osten“
(İBDA-C), ergänzen die Reihen jener Guerilla, in der sich
panislamische mit panturkistischer Ideologie amalgamiert. Von hier
aus twitterte jüngst ein türkischer Frontreporter des
staatstragenden Boulevards, Yılmaz Bilgen, ein Bildchen mit
seiner Mordphantasie:
ein turkmenischer Mujahidin richtet seine Panzerfaust auf einen
dahinfliegenden Renntierschlitten.
Türkiye
Cübbeli Cumhuriyeti
In
der Türkei selbst war zum Ende des Jahres hin die Nation der
Gläubigen dann doch noch mit einer anderen, viel konkreteren
Bedrohung als Aleppo, dem „neuen Srebrenica“, konfrontiert: dem
um sich greifenden Unglauben unter den Landsmännern. Während in der
Türkei organisierte Rotten wie die Alperen Ocakları, das militante
Fußvolk der „Partei der Großen Einheit“, und die Anadolu
Gençlik, die Parteijugend der „Partei der Glückseligkeit“ in
der Tradition der Millî Görüş, symbolisch den Weihnachtsmann
lynchen, mahnt das
administrative Diyanet die Gläubigen, sich nicht der Gotteslästerung
schuldig zu machen und die Festtage „anderer Kulturen“ zu feiern.
Der islamistische Boulevard, Milli Gazete, drohte auf
mehreren Titelseiten explizit
jenen, die diesem theologischen Rüffel nicht folgen. In den
Moscheen, auch in der türkischen Diaspora, beschworen am Vortag des
Jahresende Imame des Staates eine modifizierte Variante der
Ritualmordlegende: Christen würden in der Silvesternacht ihr
Pröstchen auf die Demütigung der Muslime im Iran, in Afghanistan,
in Syrien stoßen. Stunden später massakrierte ein „Soldat des
Kalifats“ 39 Menschen in einer Diskothek am Bosporus. Der
„Islamische Staat“ reklamiert das Massaker für sich, es hätte
aber auch ein Aleppo rächender Polizist sein können. Angela Merkel
kondolierte Recep Tayyip.
Auch der
berüchtigte Imam in traditioneller Robe, „Cübbeli“ Ahmet Hoca,
drohte explizit den „Muslimen“, die an Silvester dem Unglauben
frönen. Als Kassettenprediger des İsmail Ağa Cemaat, einem
fundamentalistischen Tarikat, das aus dem Mahalle Çarşamba ein
kleines Talibanistan mitten in Istanbul gemacht hat, war er jahrelang
eine nationale Spottfigur. Seine Tugendpredigen nahmen einzig seine
Ordensbrüder und die strenglaizistische Justiz beim Wort. Das sollte
sich unter den Muslimbrüdern ändern. Die Parteien der
Erweckungsbewegung Milli Görüş – aktuell: die AK Parti Erdoğans
sowie die schwächere Saadet Partisi, die „Partei der
Glückseligkeit“ - fanden ihre Parteigänger und Klientel vor allem
auch bei den Tarikats. Sie drängten nach und nach in die Apparate,
in die Kasernen und Kolumnen.
Pöbelten
auch zuvor Zusammenrottungen frömmelnder Jugendlicher hin und wieder
etwa in Beyoğlu, wo das freie Istanbul zwischen konservativen
Straßenzügen liegt, sündhafte Menschen an, markierte der 16. Juni,
der Tag des gescheiterten regime change, doch noch eine Zäsur. Auf
dem Taksim Meydanı, einst Symbol der Überlegenheit der Laizisten in
der Republik, marschierten die Gläubigen des İsmail Ağa Cemaat
auf. Und während des nach faschistischer Machart inszenierten
Spektakels der Staatsfront auf dem Yenikapı Meydanı zur Ehrung der
Märtyrer des 16. Juni schüttelten sich der unverhohlen
antilaizistische Prediger „Cübbeli“ Ahmet Hoca in traditioneller
Robe und der ranghöchste General der türkischen Armee in
kokardengeschmückter Uniform, Hulusi Akar, lächelnd die Hände. Ein
Säkularist mit Galgenhumor nennt die Türkische Republik seither
„Türkiye Cübbeli Cumhuriyeti“, Türkische Republik der Roben.
Nicht,
dass der tugendterroristischen Rotte kein Widerstand entgegengebracht
wird: Im städtischen Kern der türkischen Hauptstadt Ankara wie auch
im mediterranen Izmir, dem griechischen Smyrna, liegt die
traditionslaizistische Cumhuriyet Halk Partisi mit der
antinationalistischen und säkularen Halkların Demokratik Partisi
bei über 60 Prozent (Stand: 1. Nov. 2015), in Istanbul noch bei
wenig über 40 Prozent. Die Agitation der Kassettenprediger und
Staatsimame wird hier noch von nicht wenigen als persönliche
Bedrohung verstanden. Im traditionslaizistischen İzmir bedrängten am
Jahresende eine junge couragierte Frau und ein Mann das Fußvolk der
islamistischen Sıla Vakfı, das Flugblätter aushändigte, in denen
mit einer veritablen Ritualmordlegende aufgerufen wird, keine
frevlerischen „Christenfeste“ zu feiern. Sie entrissen die
Flugblätter, zerknüllten sie und denunzierten die bärtigen Brüder
als „Frauenfeinde“. Die Vorbeigehenden blieben passiv oder
solidarisierten sich mit den Ideologiekritikern in Aktion. Auch in
Ankara und Istanbul werden Prediger einer Sittenhölle von vor allem
jungen Frauen angegangen. Es ist noch nicht alles verloren, doch die
Repression droht allen jenseits des Brüllviehs, den Atem
abzuschnüren. Unter dem Inhaftierungsregime des Status Necessitatis
nähern sich die Protestformen denen im Iran an. Organisierter
Straßenprotest wird mehr und mehr verunmöglicht oder noch zu Beginn
mit Reizgas erstickt. Dafür werden Banner an
Straßenüberbrückungen aufgehängt, wie das einiger Feministinnen:
„Zur Fatwa des Diyanet: es ist unser Leben! Frauen stehen für
Freiheit und gegen die Reaktion auf“. Oder es wird in Cafés und
Universitätsmensen demonstriert: „Gegen die Diktatur der Frömmler,
für Laizität“ oder „Gegen den Tod, für das Leben“.
Doch
nicht weniger schwer als die Repression drückt die Opportunität
jener auf die Alleingelassenen, die noch dagegen halten könnten. Wie
die Muslimbrüder im Staat droht die oppositionelle Cumhuriyet Halk
Partisi dem Gegenüber mit dem halk, diesem Abstraktum namens Volk,
und schweigt sich dort aus, wo es entscheidend wäre, es zum Ausdruck
zu bringen, nicht einverstanden zu sein. So trug sie die
Immunitätsaufhebung der Parlamentarier – die Vorbedingung für die
Inhaftnahmen der Co-Vorsitzenden und weiterer Abgeordneter der
Halkların Demokratik Partisi – mit, um in einer von Recep Tayyip
angedrohten Volksbefragung nicht als „antinational“ denunziert zu
werden. Es half ihr nicht, den Hetzern zu entkommen.
So twitterte kürzlich
ein Kommunalpolitiker der Muslimbrüder, dass der Slogan der Partei
„Die Türkei ist laizistisch und bleibt laizistisch“ eine
Unterstützung terroristischen Unwesens sei.
Während
anderswo noch die Tugendterroristen von der Straße gedrängt werden
können, werden der berüchtigten İHH, der humanitären Flanke von
Hamas und Ahrar al-Sham, die staatlichen Gymnasien der İmam hatip
lisesi überlassen, um zu Gedächtnisabenden für die Märtyrer der
Khaybar-Flottille zu laden. Noch weit vor dem 16. Juni zwangen die
Muslimbrüder allen Schulformen Personalentscheidungen gegen die
Traditionslaizisten auf. Die islamisierten Direktionen kooperieren
eng mit Moscheen und Imamen. Nach dem 16. Juni schmücken einige
Direktoren die Gedenktafeln für die „Märtyrer des 16. Juni“ mit
expliziten Drohungen: „...der Sieg gehört dem Islam“. Namhaft
wurde ein Lehrer einer Istanbuler Primarschule dadurch, dass er sich
dabei fotografierte,
wie er seine Schüler darin instruierte, wie ein Seil zum
Galgenstrang geknotet wird.
Am 7. Juni
2015 entgleiste der Zug, mit dem Recep Tayyip Erdoğan die
parlamentarische Demokratie verglich. In manchen Provinzen
nordöstlich von Syrien hatten sich bis zu über 90 Prozent der
Menschen für die Halkların Demokratik Partisi mit ihrer Idee für
eine föderale Türkei ausgesprochen. Auch konservative kurdische
Provinzen wie Siirt und Bitlis gingen den Muslimbrüdern verloren.
Aus Rache warf Erdoğan, der noch mit dem vorgetäuschten Aufbrechen
nationalistischer Dogmen die laizistischen Traditionalisten in
Militär und den Apparaten entmachtet hatte, den jaulenden
Ultranationalisten die Abtrünnigen im Südosten zum Fraß vor.
Türkische Armee und paramilitärische Konterguerilla, wahrlich eine
Parallelstruktur, aus Grünen und Grauen Wölfen, machten aus den
abtrünnigen Distrikten im Südosten eine einzige Ruine.
In Şırnak,
Diyarbakır-Sur und anderswo wird vorgemacht, was auch Bashar
al-Assad im östlichen Aleppo als Exempel dienen könnte: Auf
erzwungene Flucht folgt Enteignung. Diese Form der Straßenschlachtung
reizt nicht nur die einzig noch prosperierende Industrie an, sie
garantiert vor allem die Kontrolle und klientelistische Abhängigkeit
der Insassen der entstehenden Satellitenstädte.
Anderes hat
Europa nie gewollt. Nahezu voyeuristisch sah es den türkischen
Muslimbrüdern zu, wie diese die jihadistische Aggression in Syrien
flankierten und unterstellte noch „gute Gründe“ des türkischen
Militärs, Dörfer mit Artillerie zu terrorisieren, nachdem die
Inkarnation des Todes aus diesen hinausgedrängt worden ist. Die
Drohung Recep Tayyip Erdoğans, „Chaos oder Stabilität“,
versteht dieses Europa als Versprechen. Und während die iranischen
Qods-Pasdaran sich in der Kommandohöhe zur militärische Eroberung
Syriens als der „35sten Provinz“ des Irans (Mullah Mehdi Taeb)
verschwören und der Schiitisierung des Frontstaates zu Israel
näherkommen, reisen deutsche Delegationen zur Absteckung
beidseitiger Interessen in den Iran. Unter europäischen Politikern
wird – über die technologische Modernisierung der khomeinistischen
Despotie hinaus – selbst noch militärische Kooperationen mit dem
Iran angedacht. Die zynische Verständigung zwischen jenen, die alles
getan haben, um die syrische Katastrophe auszureizen, wurde jahrelang
eingefordert, je nach geopolitischer Präferenz der Iran oder die
Türkei als Stabilitätsgarant beschworen.
Ganz
im Sinne dieser Kumpanei lädt die repräsentative Hamburger Adresse
der iranischen Klerikaldespotie jedes Jahr im Januar, vereint mit
Milli Görüş, Mediatoren, Stipendiaten und Graduierte –
inzwischen hat sich eine ganze Ökonomie des „kulturellen Dialogs“
etabliert, die so manche Karriere verspricht – zur „Konferenz der
islamischen Einheit“. Wie heißt es
so schön bei Imam Khamenei: „Wir halfen der Hezbollah (…) wie
wir der Hamas (…) geholfen haben, wir sind nicht Gefangener der
konfessionellen Grenzen geworden“.
Der
einzige Antirassismus, der im Europa der ungesühnten Brandanschläge
und des institutionalisierten Sterbens an der Migrationsfront zu
haben ist, ist eben nicht die Garantie auf ein menschenfreundliches
Exil, er ist die Einfühlung in die Ideologien und Apparate derer,
denen auch die Befriedung Syriens anvertraut ist. Während an der
ungarischen Grenze völkische Milizionäre im Staatsauftrag
Menschenjagd machen, droht Geflüchteten in Serbien, Bulgarien und
anderswo der Erfrierungstod. Wer beiden entkommt, dem droht bei
Beschädigung der Grenzbarriere langjährige Haft. Ein ungarisches
Gericht sprach kürzlich den Syrer Ahmed H. nach den
Antiterrorismus-Gesetzen für schuldig.
Ein ganzes Jahrzehnt Leben soll ihn dafür genommen werden, dass er
bei einer Konfrontation von Geflüchteten an der ungarisch-serbischen
Grenze mit Steinchen nach Polizisten geworfen hat, die mit Reizgas
und Wasserkanonen die Grenzüberschreitung ahndeten. Nicht aber, dass
es eine antifaschistische Selbstverständlichkeit wäre, der
völkischen Reaktion in Ungarn und den ganz konkreten Drohungen für
Roma, Juden und Geflüchtete noch irgendwie zu begegnen.
Während
die einen die Heilslehre des „kulturellen Dialoges“ mit den
Verbandsfunktionären im Staatsauftrag der Türkei oder des Irans
beschwören, grassiert anderswo die verklemmte Aggression von
Neidbeißern gegenüber rasierten und „geschniegelten“
Geflüchteten, die nicht demütig und fromm in der afghanischen oder
syrischen Hölle ausharren. In nicht wenigen sächsischen oder
vorpommerschen Gemeinden, in denen Deutsche jahrzehntelang unter sich
blieben, provoziert es, wenn junge Migranten sich die
Haare frisieren und
vergnügt durch die Straßen schlendern. Menschenfreundlicher als die
anatolische Provinz ist es dort nicht, wo deutsche Monokultur
herrscht. Der Horizont des kosmopolitischen Schmelztiegels ist nach
beiden Seiten zu verteidigen, gegen den aggressiven Zugriff
islamistischer Volksagitatoren und gegen die deutschen Kurtisanen des
'verborgenen Staates', denen allein die Liebe des Vaters zu gelten
habe - und mag die einzige amouröse Geste des Souveräns darin
bestehen, dass dieser ihnen vorführt, dass es anderen noch elendiger
ergeht.
Solidaritätsdelegation aus
Rojava mit Nesrin und Asya Abdullah eingehakt mit Zineb El Rhazoui
und anderen Überlebenden von Charlie Hebdo, Paris 11. Februar 2015
(Photo: Blaise Cueco)
* “All
previous attempts by the United States and its partners to agree on
coordinated actions were doomed to failure. None of them wielded real
influence over the situation on the ground,” said (Russian Minister
of Defence Sergey) Shoigu.
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