Im
„Deutschlandfunk“ gilt es als Expertise, wenn Michael
Lüders orakelt,
dass es Massenaufstände im Iran „wahrscheinlich nicht geben“
wird, just in dem Moment, wo die größten städtischen Konglomerate
im Iran von schweren Straßenprotesten erschüttert werden. Lüders,
der behauptet, dass die Iraner „sich eher“ hinter das Regime
scheren, verschweigt konsequent, dass seit Monaten – während
der wilden Streiks in der Stahlindustrie von Ahvaz,
bei den Wasserrevolten in Abadan und Khorramshahr und
den Protesten gegen die grassierende Korruption in Kazerun und
die schwindenden Pensionen in Teheran – der
häufigst gerufene Slogan ein Frontalangriff auf die organisierte
Krisenprojektion und zudem eine schallende Ohrfeige für sein Geraune
ist: „Unser Feind ist hier, es ist eine Lüge, wenn sie sagen,
unser Feind ist Amerika“. Lüders aber meint zu wissen, dass die
Krise – die ökonomische wie politische – eine perfide Intrige
der US-Amerikaner sei. Notorisch beschwört Lüders seine vorgebliche
Äquidistanz – „egal, was man nun von dem Regime in Teheran hält
oder nicht“ – und verrät damit den Kern der deutsch-europäischen
Kollaboration mit der khomeinistischen Despotie: die absolute
Gleichgültigkeit gegenüber den Verfolgten und Gehetzten in der
Islamischen Republik. In Wahrheit ist das
mafiotisch-klerikalfaschistische Akkumulationsregime, das sich als
Islamische Republik tarnt, die Krise selbst. Fabriken sowie Export
und Import sind längst unter Kontrolle der militaristischen
Revolutionsgarde, dem wesentlichen Akteur im Iran. Die Rechtsform
dieses militärisch-industriellen Komplexes ist die der Miliz. Es ist
das islamofschistische Akkumulationsregime der Khomeinisten selbst,
das vielen Iranern das Gröbste verweigert, sie von den
Wasserressourcen abschneidet, die rurale und städtische Peripherie
dem Elend überlässt, die Lohntüte durchfrisst, die nationale
Währung gänzlich entwertet, mit Unsummen an Petro-Euro (oder
Petro-Rial) Warlords in Syrien, dem Irak und Jemen finanziert.
Die
notorische Phrase „egal, was man nun von dem Regime in Teheran hält
oder nicht“ heißt nichts anderes als organisierte Beschwichtigung
gegenüber dem islamofaschistischen Souverän, dessen zentraler
Staatszweck – mit Anbeginn der Islamischen Republik 1979 – die
Vernichtung Israels und die totalitäre Uniformierung der Iraner zu
einer einzigen „Partei Allahs“ ist. Dass die Islamische Republik
darin gescheitert ist, liegt zweifellos nicht an dem „kritischen
Dialog“, den die Deutschen so stur propagieren und der nie anderes
war als der unbändige Narzissmus des „ehrlichen Maklers“ und das
Aasgeiern auf ein gesteigertes Auftragsvolumen für die heimische
Industrie.
Als
im vergangenen Winter im Iran die Protestierenden eine ganze Woche
der Repression widerstanden, Tag für Tag, über nahezu alle
Provinzen mit unterschiedlicher Intensität verteilt, beäugte man
hier zugegen die Proteste mit Argwohn. Man raunte, dass keiner so
genau wisse, wer die Protestierenden seien und streute das Gerücht,
dass die Proteste eine camouflierte Rache der Erzkonservativen am
Staatspräsidenten Hassan Rouhani seien, an der mild lächelnden
Charaktermaske der europäischen Kollaboration. Als dann die
US-Amerikaner der auf Vertragspapier zur Geltung gebrachten
iranischen Erpressung – Reduzierung der Urananreicherung gegen
Business – ein Ende androhten, beschwor man hier zugegen einen
„historischen Fehler“, der unweigerlich die Erzkonservativen
gegenüber den Reformern stärke. Im Iran dagegen dröhnt es
auf der Straße: „Unser Feind ist hier, es ist eine Lüge, wenn sie
sagen, unser Feind ist Amerika“.
Am
31. Juli begannen die nächsten überregional koordinierten Proteste,
die in diesen Stunden noch andauern. Anders als noch im Winter gehen
die Straßenproteste nun von den größten Städten aus: Teheran,
Isfahan, Shiraz, Mashhad und vor allem Karaj, wo in den Abendstunden
des 31. Juli ausgerufen wurde: „Reformisten,
Konservative, eure Zeit ist vorbei“.
Hinzugekommen sind inzwischen Arak, Rasht, Kermanshah, Yazd sowie
Andimeshk in der Krisenprovinz Khuzestan. Einer der
häufigst gerufenen Slogan
ist „Kanonen – Panzer – Feuercracker, das Regime der Akhunda
wird (dennoch) verschwinden“ oder – variiert – „Tod der
Republik der Akhunda“. Akhunda ist der persische Name für den
schiitischen Klerus, die Mullahs. Weitere Slogans sind „Die Frauen
sind auf der Straße, die Mutlosen sind zuhause geblieben“, „Nicht
Gaza (Hamas), nicht der Libanon (Hezbollah), unser Leben für den
Iran“, „Rouhani, schäme dich, verlasse den Iran“ und „Nieder
mit Ali Khamenei (der Oberste Revolutionsführer)“. Die
Protestierenden – so unterschiedlich sie auch sind: es sind unter
den Slogans auch Lobpreisungen von Reza Shah (gestorben 1944), der
von Briten und schiitischem Klerus verhinderte Mustafa Kemals des
Irans zu hören – eint die Einsicht in den Charakter der
Islamischen Republik als einem mörderischen Verelendungsregime und
folglich, wie es in einem weiteren Slogan heißt, in die „Islamische
Revolution“ als verheerendsten Fehler der jüngeren Vergangenheit.
Lasst die
Revolutionäre auf den Straßen von Teheran und Karaj, Isfahan und
Shiraz, Kermanshah und Ahwaz nicht allein.
Freiheit und
Säkularität für die Menschen im Iran.
Marg bar
jomhuriye eslami!
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