„Wir sind
keine amerikanische Kolonie. Machen Sie uns auch nicht dazu“, wähnt
sich Klaus Ernst, ein Weggefährte von Oskar Lafontaine, in der
parlamentarischen „Aktuellen Stunde“ zum Iran als Teil der Achse
des Widerstandes. Ganz objektiv ist seine Partei, die am weitesten
links im Plenarsaal sitzt, die der deutschen Todeskrämerei mit dem
Iran. Hätte sie zu entscheiden und wäre es überhaupt möglich,
würden deutsche Sparkassen nicht nur als Finanzserviceinstitute des
khomeinistischen Regimes fungieren. Klaus Ernst fordert darüber
hinaus, dass deutsche Unternehmen, die sich den „exterritorialen,
völkerrechtswidrigen Sanktionen“ beugen und den Iran aufgeben,
nicht weiterhin straffrei bleiben.
Als einen
„Akt europäischer Souveränität“ charakterisierte auch das
Auswärtige Amt im Handschlag mit den französischen und britischen
Amtskollegen jenes europäische Clearingsystem Instex, das das
weitere Business mit dem Iran garantieren soll. Amtsherr Heiko Maas
gesteht in der von Klaus Ernst angestoßenen Debatte durchaus ein,
dass der als schicksalhaft verteidigte Vertrag eine iranische
Erpressung – Reduzierung der Urananreicherung gegen Business –
ist. Doch gerade im „kritischen Dialog“ mit der khomeinistischen
Bestie wähnen sich die Europäer als moralisch integer, als
„ehrlicher Makler“, der kultursensibel die Grabesruhe achte,
während die US-amerikanische Konkurrenz die nächste Eskalation
herauf provoziere.
„Es ist ein
historischer Tag“, umschrieb Frank-Walter Steinmeier mit dem 14.
Juli 2015 jenen Tag, an dem die iranische Erpressung auf
Vertragspapier zur Geltung gebracht wurde. Als „historisch“
würdigten auch Funktionäre deutscher Industrieverbände den Tag.
Von Ungeduld getrieben – die Ratifizierung dieser „historischen
Einigung“ stand noch aus – reiste weniger als eine Woche später
eine deutsche Delegation aus Politik und Industrie unter
ministerialer Führung in den Iran. Die deutschen Gäste spekulierten
auf ein rasant zu steigerndes Auftragsvolumen für die eigene
Industrie, der Islamischen Republik dagegen trugen sie einen
speziellen Auftrag zu: „Stabilisierungsfaktor in der Region“ zu
werden. Im folgenden Jahr beehrte eine 120-köpfige Delegation der
deutschen Industrie den Iran. Was die deutschen Charaktermasken aus
Politik und Industrie schamlos „Investitionen“ in die regionale
Stabilität nennen, ist dem faschistischen Souverän zuallererst die
Finanzierungsgarantie für seine mörderische Aggressionsstrategie.
Shiah-Milizen unter Oberbefehl der iranischen Revolutionsgarden haben
Syrien und den Irak weitflächig infiltriert. Ende 2016 marschierten
sie in Ost-Aleppo ein. Im Herbst 2017 waren die Panzergefährten, die
in das nordirakische Kirkuk einrollten, mit dem Antlitz des „Obersten
Führers“ Ali Khamenei geschmückt. Jüngst terrorisierte der
palästinensische „Islamische Jihad“ im Auftrag der
khomeinistischen Despotie Israel und erzwang die nächste tödliche
Eskalation in Gaza. Wo man hinschaut, die Islamische Republik ist ein
Agent des Todes.
Die dem
Regime feindlichen Iraner, die seit Ende Dezember 2017 wieder und
wieder die Grabesruhe durchbrechen, täuschen sich nicht darüber,
dass mit Business einzig die terroristische Aggression nach außen
forciert wird. Die iranische Ökonomie wird bis zu 75 Prozent von den
militaristischen Revolutionsgarden, den Sepah Pasdaran, kontrolliert.
Jedes Business mit dem Iran ist nahezu unumgänglich eines mit diesem
islamomafiotischen Akkumulationsregime, dessen Dividende unzählige
Tote und Massakrierte in Syrien, dem Irak und Kurdistan sind.
Auf den
Straßenprotesten wird folglich der militärische Abzug aus Syrien
und ein Ende der Finanzierung der libanesischen Hezbollah und der
palästinensischen Militanten gefordert. Während der wochenlangen
Proteste der Stahlarbeiter in Ahvaz in der Provinz Khuzestan riefen
sie vor den Filialen der Nationalbank Melli sowie der Saderat – die
in die Finanzierung der Hezbollah, Hamas und des Palästinensischen
Islamischen Jihads involviert sind – Slogans wie „Mutter der
Korruption, hier bist du, hier bist du“, „Im Namen des Islams
habt ihr die Menschen zum Verzweifeln gebracht“, „Sie zahlen die
Löhne nicht und rufen Tod für Amerika, aber wir wissen, unser Feind
ist hier“, „Rouhani, du Lügner, wohin sind deine ganzen
(Krisen-)Antworten“ sowie „Tod der Mafia“.
Vor wenigen
Tagen protestierten Studierende an der Teheraner Universität gegen
eine Repressionskampagne des Regimes namens „Hijab und Keuschheit“,
mit der im Fastenmonat Ramadan eine strengere Einhaltung der
Verschleierungspflicht erzwungen werden soll. Und auch hier war ein
Slogan wieder zu hören, der direkt an das Berliner Auswärtige Amt
gerichtet sein könnte: „Prinzipalisten, Reformisten – eure
Intrige ist gescheitert“. Nicht nur an den Universitäten –
tagtäglich kommt es auf der Straße zu Konfrontationen zwischen den
Regimeschergen und Frauen, die gegen den Hijabzwang verstoßen. Das
erfreuliche ist, dass die frömmelnden Tugendterroristen mehr und
mehr verlassen wirken; das höchst unerfreuliche ist, dass sie den
Staatsapparat und die Verfassung der Islamischen Republik hinter sich
wissen und nach wie vor das Einfühlungsvermögen europäischer
Politikerinnen, die ihr Haar auf Iran-Reisen devot verschleiern.
Jüngst sprach einer der Minister von Hassan Rouhani über einen
„feindlichen Plot“ angesichts junger Schülerinnen, die zu den
angesagtesten Songs aus der iranischen Diaspora tanzen. „Ihr seid
keine amerikanische Kolonie. Macht euch auch nicht dazu“, müsste
Klaus Ernst die jungen Iranerinnen ermahnen.
In die
iranischen Krisenprovinzen Khuzestan und Lorestan, beide im
vergangenen Jahr Zentren der Straßenproteste, sind inzwischen Teile
der Shiah-Milizen aus Syrien und den Irak – unter ihnen etwa die
afghanische Hezbollah namens Liwa Fatemiyoun – eingedrungen. Der
Vorsitzende des Teheraner Revolutionsgerichts, Musa Ghazanfarabadi,
sprach unlängst offen aus, dass jene Shiah-Milizen der „Achse des
Widerstandes“ die Verteidigung der „Islamischen Revolution“
übernehmen, sobald die „inneren Kräfte“ darin zu scheitern
drohen. Dem Regime die Finanzierung dieser Konterarmee zu erschweren,
ist im Interesse aller freiheitsliebenden Menschen im Iran. Es ist
ein antimilitaristisches Gebot – und nicht der Ruf nach der
Grabesruhe, hinter dem die Kollaborateure der Mörder sich moralisch
aufplustern. Während die Europäer den „ehrlichen Makler“ mimen
und die US-Amerikaner die Allianz mit der saudischen
Shariah-Konkurrenz des Irans verstärken, kann unsere Parteinahme nur
eine für jene Frauen im Iran sein, die den Hijab abwerfen und wie
Yasaman Aryani von den Revolutionswächtern entführt werden; für
jene streikenden Arbeiter, die wie Esmail Bakhshi gefoltert und als
Figuren einer feindlichen Verschwörung denunziert werden; für
Nasrin Sotoudeh, der 38 Jahre Haft und 148 Peitschenhiebe drohen
aufgrund von „Aufwiegelung zur Korruption und moralischer
Ausschweifung“, Verstoß gegen den Hijabzwang und Zugehörigkeit zu
einer „illegalen Gruppierung“ (gemeint ist der Verein der
Menschenrechtsverteidiger, der gegen die Todesstrafe eintritt). Diese
Despotie muss fallen.
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